Es ist definitiv ein komisches Alter in dem ich mich befinde. Ständig ändert sich etwas in meinem Leben oder in dem meiner Familie und Freunde. Was ja auch gut ist, denn schließlich gehört das zum Erwachsenwerden dazu. Aber wenn ich so darüber nachdenke, hätte ich nie gedacht, dass ich so meine Schwierigkeiten damit haben werde.
Zwei meiner besten Freundinnen heiraten nächstes Jahr. Eine von ihnen beginnt noch in diesem mit dem Hausbau und ganz so nebenbei startet bei meiner Schwester so langsam die Familienplanung. Das sind alles Dinge, die mich so sehr freuen, dass ich mein Glück gar nicht in Worte fassen kann. Als ich beispielsweise meine älteste Freundin in einem wunderschönen Brautkleid sah, musste ich ständig daran denken, wie wir als kleine Mädchen von genau diesem Moment träumten. Ich war schlichtweg überwältigt. Überwältigt, dass dieser Moment auf einmal da war und von all diesen Gefühlen und Erinnerungen, die auf mich einprasselten. Es traf mich so unvorbereitet, dass ich gar nicht wusste, wie mir geschieht. Und genau das ist es, was mir so Angst macht. Ich dachte immer, dass ich auf all das vorbereitet sei und wisse, was da auf mich zukommt. Aber momentan habe ich so gar keine Ahnung. Manche meiner Freunde haben einen konkreten Plan für die nächsten fünf bis zehn Jahre. Und dann stehe ich da. Die, die noch nicht einmal weiß, was sie am nächsten Tag zum Mittag essen soll.
Es ist ein komisches Alter in dem ich mich befinde. Irgendwo zwischen durchzechten Nächten und Sonntagsbraten. Und ich wabere irgendwo in der Mitte umher, ohne zu wissen, wohin ich gehöre. Ich weiß, dass ich mein Leben, so wie es jetzt ist, sehr dolle mag. Ich weiß auch, dass ich diesen ganz konkreten Plan vom Leben noch gar nicht möchte. Ich weiß aber auch, dass es mir Angst macht, wenn alle um mich herum Fünf-Jahrespläne schmieden und mich schon die Urlaubsplanung überfordert. Es verunsichert mich und hat mich in den ersten Momenten tatsächlich dazu bewogen an mir und meinem Leben zu zweifeln. Da kommen Gedanken wie „Ist es schlimm, dass ich mich noch nicht so weit fühle?“, „Ist etwas falsch mit mir, dass mir so ein konkreter Plan vom Leben eine Scheißangst macht?“. Und dann auf einmal kommen diese ganz fiesen Gedanken: „Ist meine Beziehung so gut, wie sie ist, weil ich noch nicht alles in Stein meißeln möchte?“, „Muss ich an meinem Leben etwas ändern, um mithalten zu können?“. Von diesen ganzen Hochzeits-, Haus- und Familienplänen fühle ich mich so weit entfernt, wie meine Singstimme von Beyoncés entfernt ist.
Wie es bei mir immer der Fall ist, muss ich über solche Fragen möglichst lange nachdenken, um mich selbst im besten Fall größtmöglich zu verunsichern. Aber umso mehr ich darüber nachdenke, desto klarer wird mir, dass ich es zum ersten Mal in meinem Leben toll finde, keinen Plan zu haben. Deshalb versuche ich mich von diesem ganzen Druck, der unbewusst auf mir lastet, zu lösen und meinen ganz eigenen Weg zu finden. Das ist leider gar nicht mal so leicht, weil mein Orientierungssinn zum einen einfach unterirdisch ist und ich mich zum anderen von den Erwartungen lösen muss, die ich an mich selbst gestellt habe. Während ich als Teenager fest davon ausging, dass man mit knapp 27 Jahren schon erwachsen sei und wisse, wie der Hase läuft, kann ich jetzt nur milde darüber lächeln. Auch muss ich erkennen, dass ich all das, von dem ich damals dachte, dass ich es mit Ende 20 haben will, noch gar nicht möchte. Diesen Umstand zu akzeptieren fällt mir irgendwie schwerer als gedacht. Vor allem, weil meine Freunde, die teilweise jünger sind als ich, genau diese Pläne in die Tat umsetzen. Ich weiß, dass jeder Mensch am Ende seinen ganz eigenen Weg gehen muss, aber dennoch schielt man ständig nach rechts oder links, um zu gucken, was die anderen so machen. Klar, dass man dann automatisch anfängt, sich mit anderen zu vergleichen. Und so komme ich doch wieder nur zu der Conclusio, dass man das machen muss, was man auch wirklich fühlt.
Wenn sich eine Option oder Möglichkeit wie die enge Designerjeans anfühlt, in der man eigentlich nur stehen kann, weil sonst die Eingeweide zerquetscht werden, sollte man überlegen, ob man nicht doch lieber zur ausgewaschenen Jogginghose greift. Die ist vielleicht nicht ganz so schick, vorzeigbar oder das, was die breite Masse so vor der Haustür trägt, aber dafür fühlt man sie. Es ist schwierig zu akzeptieren, dass man die Jogginghose zwischen all den Designerjeanshosen ist, aber dafür ist es etwas, das sich unheimlich gut anfühlt.
Es ist so schwer, seinen eigenen Weg zu finden und zu verstehen, was man gerade für sich selbst wirklich will. Momentan irre ich mit Kompass, Landkarte und Google Maps in der Gegend umher, um genau diesen Weg zu finden. Aber hey, selbst wenn ich mal falsch abbiege – am Ende kann es doch nur großartig werden. Oder?