Ich bin Freund klarer Worte und der Wahrheit. Mag sie auch noch so unschön sein – ich weiß lieber woran ich bin, als mit Scheuklappen in mein Unglück zu rennen. Für mich ist Ehrlichkeit eine Selbstverständlichkeit. Allerdings muss ich feststellen, dass sie mittlerweile eher zu einer Tugend verkommt. Manche meiner Freunde bitten mich explizit darum ehrlich zu sein. Wenn ich die Wahrheit dann aber ausspreche, bin ich letztendlich doch der Buhmann. Ich bin ziemlich oft der Buhmann, aber so langsam arrangiere mich mit meiner Rolle.

Gerade beim Kennenlernen eines Typens ist es mit der Wahrheit zu einem einzigen Ballontanz geworden. Ich muss höllisch aufpassen, dass der Ballon zwischen uns nicht herunterfällt. Schon als Kind bin ich immer als eine der Ersten aus dem Spiel geflogen, weil ich zu wild getanzt habe – ohne Rücksicht auf Verluste. Selbst jetzt noch wäre ich die Wilde beim Ballontanzen. Ich habe meinen eigenen Kopf, presche mit Karacho voran und bin einfach Ich selbst. Allerdings hat das Kennenlernen sowie die vermeintliche Entwicklung einer Freundschaft zu etwas Größerem vielmehr etwas mit langweiliger Strategie, als mit wildem Getanze zu tun. Es ist als würde ich „Risiko“ spielen. Ich muss strategisch denken, meine Züge langfristig vorausplanen und bedacht handeln – also all das, was ich nicht kann. Ich hasse „Risiko“. Ich bin eine Lusche in dem Spiel, denn das strategische Denken ist bei mir lediglich auf den Beruf beschränkt. Privat bin ich vielmehr der ungeschickte Elefant im Porzellanladen, der laut und mit seinem ganzen Herzen in die Situation hineinpoltert und dann mal schaut wie sich die Dinge so entwickeln. Wie ich feststellen muss, ist dies aber auf jeden Fall die falsche Strategie. Ich stoße damit Anderen vor den Kopf und überfordere sie. Dabei ist es doch eigentlich ganz einfach – wäre man ehrlich zueinander. Wenn man einander mag, wieso darf das nicht ausgesprochen werden? Warum endet immer alles in einer Partie „Risiko“? Ich schätze, ich sollte die Spielanleitung noch einmal zur Hand nehmen.