Immer weiter. Nicht nach rechts oder links, immer nach vorn.
Das beschreibt mein Leben ziemlich gut. Ich hatte immer das große Glück voranzukommen. Auch, weil ich das unbedingt wollte. Es gibt für mich nie ein Entweder-oder, sondern nur ein alles oder nichts. Nie Stillstand oder Rückschritte sondern nur ein vorwärts.
Und jetzt sitze ich hier und bin aus der Puste. Fühle mich, als läge die Verantwortung der Welt auf meinen Schultern, obwohl ich nur für mich selbst verantwortlich bin. Aber selbst die Eigenverantwortung ist mir zu schwer. Ich kann nicht mehr.
Das Einzige in dem ich momentan gut bin, ist Dinge vor mich herzuschieben und mir Gedanken darüber machen, warum das so ist. Ich komme dabei weniger zu einem Ergebnis, sondern ende mit der Erkenntnis, dass ich mir noch mehr Gedanken mache. Mein Kopf bleibt nie aus und das Karussell hat den Turbo eingelegt, sodass mir fast schlecht wird. Ich bin von mir selbst genervt und will etwas an der Situation ändern. Nur wie? Ich weiß, dass ich etwas ändern muss, weiß aber einfach nicht wie. Ich habe keine Energie und bin zu faul, selbst reflektiert zu sein. Ich weiß, dass ich bei meiner Arbeit momentan eigentlich acht Arme und zwei Gehirne brauche, dass ich in meiner Beziehung gerade die nervigste Klette im Universum bin und mich mein Sozialleben so überfordert, dass es quasi nicht existent ist. Dann sind da noch diese drölftausend privaten Projekte und Dinge, denen ich momentan nicht gerecht werde. Aber eine Lösung für das Ganze finde ich nicht. Ich will anpacken, was tun und aktiv sein. Kann es aber nicht. Ich habe keine Energie, um eine popelige Mail zu schreiben oder in einer Bahn mit Menschen zu sitzen. Jede Interaktion und Handlung ist mir zu viel und das kenne ich nicht von mir. Ich kenne mich als die Person, die stark ist. Die den kühlen Kopf bewahrt, wenn alle im Kreis springen und die lächelt, selbst wenn mir anders zumute ist. Es schlägt auf mein Gemüt und trifft mein Privatleben mit voller Breitseite. Es strengt mich schon an, eine einzige Sprachnachricht zu hören und zu beantworten, geschweige denn bis 21 Uhr bei einem Treffen zu bleiben.
Ich brauche einen Stillstand, eine Veränderung. Meine Gedanken kreisen so schnell, dass ich sie nicht fassen kann, was in vollkommener Überforderung endet. Zum ersten Mal in meinem Leben will ich nicht vorwärts. Ich will innehalten und zur Ruhe kommen. Und ich glaube diese Erkenntnis ist die Lösung der schier unlösbaren Gleichung. Ich nehme mir eine bewusste Auszeit von allem. Von meinem Job, meinem Zuhause, meinen Freunden und allem Digitalen. Ich halte inne, um mich selbst wiederzufinden, um an meiner Ausdauer zu arbeiten und wieder die Kleinigkeiten dieses wunderbaren Lebens kennenzulernen. 10 Tage raus. Nur du und ich und die Natur. Ich kann es zum ersten Mal in meinem Leben kaum erwarten stehen zu bleiben.
Janina
22. September 2018 1:50
So wunderschön und authentisch geschrieben. Helmo ist es unfassbar wichtig, dass du dir diese Auszeit nimmst, denn deine gelebte Zeit gibt dir keiner mehr zurück. Achte nur darauf, was du brauchst und möchtest, wenn auf diesem Weg ein paar Menschen aus deinem Leben gehen, weil sie es nicht nachvollziehen können, dass du keine Lust hast sie zu treffen, zu antworten oder die Nachricht abzuhören, dann ist das so und es ist kurz schmerzhaft, aber okay. Man eifert an jedem verdammten Tag irgendwem oder was hinterher und möchte irgendwie immer so viel was die anderen auch haben und dabei vergisst man die einfachste Tugend anzuwenden „Zufriedenheit“. Ein stetiger lernender Prozess, der nicht von jetzt auf gleich stattfindet, aber ich mache mich darin jeden Tag ein bisschen besser. Nutze deine Auszeit für dich und tanke deine Energiereserven auf. Ich kann dir wirklich Yoga einmal in der Woche empfehlen, unfassbar schön für Körper und Geist.
Ich habe dich lieb, Janina.